Kirchenstruktur der Kreuzfahrerstaaten

Als die Kreuzfahrer das Heilige Land erreichten und seine Gebiete eroberten, begannen sie mit dem Aufbau einer eigenen kirchlichen Struktur. Hierbei orientierten sie sich an den Kirchenstrukturen der Antike, besetzten „orthodoxe“ Bistümer nun mit Lateinern oder schufen alte Bistümer neu. Jeder Metropolit sollte wenigstens drei Suffraganbistümer haben. Um dies zu erreichen musste man teilweise die Äbte bedeutender Klöster zu Suffraganen erklären, wie auch Bistümer schaffen, welche niemals einen Bischof erhielten. Diese waren stets einem bestimmten Bischofssitz oder einer Prälatur zur Administration zugeordnet, galten jedoch als eigenständige Einheit. Der Bischof oder Prälat ließ sich dann durch einen Kleriker seiner Wahl, welcher oftmals als Dekan bezeichnet wird, vertreten. Es handelte sich also faktisch um eine Personalunion in der Leitung. Ein Durchbrechen der antiken Strukturen geschah jedoch bereits mit dem Patriarchat in Jerusalem, welches nun selbst zum Metropoliten wurde. Der innere Aufbau der Bistümer war jenem im Abendland vollkommen identisch.

Episkopat und Klerus entstammten zu weiten Teilen dem Abendland. Gerade die Bischöfe kamen zumeist aus Europa, oftmals sogar erst nach ihrer Ernennung. Entsprechend lehnten sich auch die Strukturen der Bistümer an die der Kirche in Europa an, wobei der französische Einfluss unübersehbar war.

Die geringe Fläche der einzelnen Bistümer, ihre geringe Bevölkerungszahl und die noch geringere Zahl lateinischer Christen waren für die Kirche hier prägend. Kaum ein Bistum dürfte wesentlich mehr als 20 Pfarreien umfasst haben. Zumeist auf die Städte konzentriert, wurde das kirchliche Netz auf dem Land sehr grob. Wie in Europa, so lag das Patronat über die verschiedenen Pfarreien und zahlreichen Kirchen, welche vor allem an biblischen Orten errichtet wurden, zumeist in den Händen des Adels und diverser Klöster und Stifte.

Die meisten Kleriker kamen, mit den Kreuzfahrern, aus Europa, blieben einige Zeit und reisten dann wieder ab. Nur ein geringer Teil blieb endgültig im Heiligen Land und auch die Übernahme einer Pfründe war kein Garant fürs Bleiben. Dies galt auch für die zahlreichen Klöster, welche oftmals der Träger der eigentlichen Seelsorge waren.

Wenn es in den Kreuzfahrerstaaten auch keinen Mangel an Klerikern gab, so doch an einer Stabilität derselben. Dies fiel jedoch nicht weiter ins Gewicht, da zahlreiche Kreuzfahrergruppen ihre Kleriker bereits mitbrachten und auch für deren Versorgung zuständig waren. Somit hatte der durchschnittliche Kleriker eines Bistums im Heiligen Land faktisch keinen Kontakt zu den einzelnen Kreuzfahrergruppen.

Zu den Dauerproblemen der Kirche im Heiligen Land, besonders in der Spätphase, dürfte ihre Finanzierung gehört haben. Dies galt vor allem auch für die verschiedenen Klöster, wenn sie ihre Liegenschaften und damit Einnahmequellen, durch das beständige Schrumpfen der Kreuzfahrerstaaten, verloren haben. Institutionen, welche ausreichend in Europa fundiert waren, verließen dann das Heilige Land, wie das „Erzbistum Nazareth“ und sein Domkapitel, welches bis 1818 in Italien weiterbestand.

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Zehntrechte

Anders als in Europa, wurde der Zehnt im Heiligen Land nicht an die Pfarrkirche, sondern direkt an den Bischof entrichtet. Doch war dieses System oftmals durchlöchert. So hatten Bischöfe einzelne Zehnte verschenkt, sie wurden vom Landesherrn einbehalten oder, wie die Abtei St. Maria im Tal Josaphat, Institutionen wurden durch den Papst vom Zehnten befreit.

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LITERATUR

MAYER Hans Eberhard, Die Kreuzfahrerherrschaft Montréal (Sobak), Wiesbaden 1990