Missionierung und Kirche in der Neuen Welt

– Anfänge –

Obwohl Christoph Kolumbus bereits 1492 in Amerika ankam, kann doch erst ab 1500 von einer Kirche in Amerika gesprochen werden. In diesem Jahr gründeten die Franziskaner auf der Insel Santo Domingo die erste Missionsstation. 1510 gründeten drei Dominikaner auf der Insel Hispaniola, im heutigen Haiti, eine weitere Missionsstation. Ab 1524 begannen die Franziskaner dann mit einer systematischen Missionsarbeit in Mexiko, der sich kurz darauf auch die Augustiner anschlossen. Ein Problem bildete hierbei in den ersten Jahren nicht nur die verwickelte Situation der Spanier untereinander, sondern auch die geringe Anzahl der Missionare. Doch konnten bis in die zweite Hälfte des 16. Jahrhundert bereits 250 Konvente errichtet werden. Während die verschiedenen Missionsstationen oft weit auseinander lagen, konnte einen das kirchliche Leben in den großen Städten an Europa erinnern. So gab es in Lima um 1600 bereits fünf Männer- und sieben Frauenklöster.

Ursprünglich den Diözesen in Spanien unterstehend, wurde am 15. November 1504 auf Hispaniola die Kirchenprovinz Hyaguata, mit den Sufraganbistümern Magua und Bayuna, errichtet. Diese wurden zwar bereits 1511 wieder aufgehoben, doch gleichzeitig die Bistümer Puerto Rico, Santo Domingo und Concepcion de la Vega errichtet, welche der Kirchenprovinz Sevilla angehörten und welchem auch die in den kommenden Jahrzehnten errichteten Bistümer angehörten. Die Größe dieser Bistümer lässt sich an der Diözese Baracoa ablesen, welche 1518 Kuba, Louisiana und Florida umfasste. Doch kann man die Bedeutung der Neuen Welt bereits daran bemessen, dass am 11. Mai 1524 das Patriarchat für Westindien begründet wurde. Dieses hatte jedoch keinen festen Sitz und wurde stets einem Geistlichen übertragen, welcher am Spanischen Hof lebte oder bereits ein spanisches Bistum inne hatte. Am 11. Februar 1546 errichtete Papst Paul III. die drei Kirchenprovinzen Santo Domingo auf Espanola (mit den Suffraganen Conceptión de la Vega, Puerto Rico, Cuba, Coro, Santa Maria, Cartagena de Indias, Trujillo), Lima (mit Cuzco, Quito, Panamá, Nicaragua) und Mexiko (mit Oaxaca, Michoacan, Tlaxcala, Guatemala, Chiapa). Bis 1611 wurden bereits 34 Bistümer in 5 Kirchenprovinzen begründet. Zudem wurde für die nichtindianische Bevölkerung 1570 in Lima, 1571 in Mexiko und 1610 in Cartagena Inquisitionsgerichtshöfe errichtet.

Ein Hemmschuh war die Abhängigkeit der Kirche von der spanischen Krone. Dieser verordnete zwar jedem Grundherren die Errichtung einer Kirche, doch sprach er dem Grundherrn auch das Recht der Einstellung eines Priesters zu. Dem Indienrat stand nicht nur die Besetzung der Bischofsstühle zu, sondern er regelte auch das kirchliche Leben. So untersagte er 1567 die Priesterweihe für Indios, was sich bis zum ausgehenden 18. Jahrhundert auch nicht änderte, gestatte aber ab 1584 die Weihe von Mestizen (Mischlingen). Im 17. Jahrhundert kam es dann sogar zur Gründung von Priesterseminaren in Lima und Mexiko.

In Brasilien, welches zu Portugal gehörte, unterstand die Leitung der Kirche dem Meister des Christusordens, der zugleich der König war und sich durch einen Vikar vertreten ließ. Er verlieh alle Ämter und Pfründen. Seit 1514 dem Bistum Funchal auf Madeira unterstellt, lebte dessen Bischof jedoch in Lissabon. Seit 1551 gab es einen Bischof in Salvador Bahia und ab 1575 einen Prälaten in Rio de Janeiro, ohne bischöfliche Insignien, der 1676 zum Bischof erhoben wurde. Im 17. und 18. Jahrhundert wurden weitere Bistümer und Prälaturen begründet, jedoch in recht geringer Zahl, so dass es noch 1825 nur 6 Bistümer und 2 Prälaturen gab. Auch regulierte Portugal die Zahl der Missionare und Konvente, deren Gründung es lediglich als Vorposten der Kolonialmacht zustimmte. Der kirchliche Zehnt ging in Brasilien direkt an die Krone, welche auch die Bischöfe und Weltpriester besoldete, wenn oftmals auch eher schlecht. Generell verhielt sich die portugiesische Krone eher knauserig, auch im Bereich der Mission und der Pfarrseelsorge.

Im Jahre 1824 war das spanische Kolonialreich endgültig zerfallen und es begann eine neue Ära. Lediglich Kuba und Puerto Rico blieben noch bis 1898 bei Spanien.

– Bischöfe –

Bereits 1493 wurde ein Apostolischer Vikar in die Neue Welt entsandt. Schon kurz darauf wurde um die Entsendung eines eigenen Bischofs gebeten. Im Jahre 1511 konnten sich Spanien und der Papst über das Patronatsrecht einigen. Dieses sah die Nominierung durch den König und die anschließende Ernennung durch den Papst vor. 1511 zum Bischof ernannt, traf Ende 1512 mit Alonso Mansos der erste Bischof ein. Fast alle Bischöfe stammten aus Europa und so dauerte es oftmals eine lange Zeit, bis diese ihr Amt dann auch tatsächlich antraten. Da die Mission und Seelsorge fast gänzlich in den Händen der unterschiedlichen Orden lag, verwundert es nicht, dass viele der Bischöfe den Orden angehörten, welche in ihrem Bistum eine Majorität bildeten. Immer wieder versuchten die Bischöfe die verschiedenen Missionsstationen und ihre Dörfer in die Verwaltung ihrer Diözese einzugliedern, doch war ihnen kein Gelingen beschieden. Lediglich der Zehnte, die Amtseinführung der Pfarrer, wie auch die Visitation ihrer Amtseinführung konnten sie sich sichern.

– Superioren –

Die verschiedenen Orden hatten unterschiedliche Amtsdauern für ihre Provinzoberen, welche aber stets zwischen 3 und 6 Jahren lag. Sie kannten ihre Provinz, da sie zum Zeitpunkt ihrer Wahl gewöhnlich bereits in ihr lebten. Sie versetzten die Mitglieder ihrer Provinz in die verschiedenen Häuser und visitierten diese. Geringer war ihr Einfluss auf die Ernennung der Hausoberen einer Mission. Da diese zugleich die obersten politischen Beamten und Richter ihrer Mission waren, so oblag die Ernennung dem Vizekönig. Diesem legte der Provinzial eine Liste mit drei Namen vor, aus welcher er den ihm Genehmen ernannte. War die Ernennung geschehen, wurde der neue Superior durch den Bischof als Pfarrer in sein Amt eingeführt, welcher ihn als solchen auch visitierte.

– Klerus –

Der Klerus der Neuen Welt kam primär aus Europa, vor allem aus Spanien und Portugal. Obwohl es einen enormen Priestermangel gab, in Neuspanien gab es 1531 lediglich 100 Priester für 5-6 Mio Indianer, war die Weihe von Indianern untersagt. Sie blieben als Katecheten und Küster tätig, konnten auch nicht als Laienbrüder in die Orden eintreten. Erst ab 1584 wurde diese Gesetzgebung für Mestizen und Mulatten ausgesetzt. Nach einer langen Phase der Stabilisierung, brachte der Zusammenbruch des spanischen Kolonialreiches einen neuen Umschwung mit sich, verließen doch viele der spanischen Welt- und Ordenspriester die Neue Welt. So verminderte sich in Mexiko die Zahl der Weltgeistlichen zwischen 1810 und 1834 von 4.229 auf 2.282 und die der Ordenspriester von 3.112 auf 1.726.

– Ordensleute –

Bereits 1493 kamen die ersten 12 Ordensleute, mit der zweiten Amerikafahrt des Christoph Kolumbus, auf Hispaniola an. Es handelte sich hierbei um die Mitglieder der Bettelorden, welchen die Krone die Missionierung übertragen hatte. Hierbei gab es kaum Laienbrüder, da die Ordensleute mit der Mission der Indianer, wie auch der regulären Pfarrseelsorge beauftragt waren. Primär aus Spanien stammend, bedurften sie einer Beauftragung durch den Indienrat. Gegen Ende der Kolonialzeit gab es etwa 6.000 Ordensleute.

– Franziskaner

Bereits seit 1493 auf Hispaniola, kamen 1500 drei und 1502 17 weitere Patres. Schon 1505 konnte die erste Ordensprovinz in der Neuen Welt begründet werden. Bis 1582 stieg ihre Zahl auf 10 Provinzen mit 282 Konventen. Schon 1559 gab alleine in Neuspanien 380 Patres in 80 Häusern. 1804 übergaben die Franziskaner ihre Missionen an den Weltklerus.

– Dominikaner

Nach den Franziskanern kamen die Dominikaner in die Neue Welt. Nachdem sie 1532 hier die erste Ordensprovinz begründet haben, zählten sie 1601 ca. 900 Patres in 7 Provinzen. Alleine in Neuspanien gab es 1559 210 Dominikaner in 40 Häusern.

– Augustiner

Seit 1545 mit einer eigenen Ordensprovinz in der Neuen Welt vertreten, zählten hatten sie 1559 212 Patres in 40 Häusern. Seit 1600 mit 4 Provinzen und 53 Konventen, waren sie um 1650 800 in Neuspanien, 1651 mit 850 in Peru und 1610 mit 67 in Chile.

– Mercedarier

1601 zählten sie ca. 200 Ordensmitglieder in 4 Provinzen.

– Jesuiten

Im Jahre 1601 lebten ca. 500 Patres in 3 Ordensprovinzen. In Brasilien waren es 1759 690 Jesuiten.

– Weltklerus –

Seit frühester Zeit gab es auch Weltklerus in der Neuen Welt, deren Zahl jedoch weit unter dem des Ordensklerus lag. So zählte man 1546 in Chile 546 Ordenspriester und 460 Weltpriester, von denen aber nur 186 in einer Pfarrei tätig waren. Gegen Ende der spanischen Kolonialzeit gab es etwa 6.000 Ordens- und 4.000 Weltpriester. Der überwiegende Teil des niederen Klerus bestand aus Kreolen, von denen der überwiegende Teil keine königliche Pfründe besaß – man schätzt diese in Neuspanien auf 80 % – sondern aus Stiftungen und Kaplanpfründen lebte. Ihr Einkommen war äußerst gering und wurde durch den Griff der Krone auf diese Kirchengüter, im Jahre 1804, endgültig gefährdet.

Im portugisischen Brasilien war die Zahl der Weltpriester seit dem 16. Jahrhundert höher. Sie wurden vom Staat bezahlt und hatten ihren Sitz in der Stadt, da es kaum Landpfarreien gab.

– Domkapitel

An jeder Kathedrale gab es ein Domkapitel, so wie bereits seit 1512 in Santo Domingo. Diese bestanden aus den Prälaten/Dignitäten (Dekan, Archidiakon, Kantor, Scholaster, Thesaurar und Archiprebyter) und 10 Kanonikern. Hierzu kamen noch 6 „raciones“ für Diakone, 3 „medioraciones“ für Subdiakone, 6 Stellen für Akolythen und 6 Kaplaneien. Den Bischof in seiner Tätigkeit nicht nur unterstützend, sondern auch beaufsichtigend, kam es immer wieder zu Spannungen mit diesem.

– Drittorden –

Fast alle Orden besitzen einen „Drittorden“ als Laienzweig. Diese bildeten in der frühen Kirche von Südamerika ein wichtiges Element, war Nichteuropäern doch der Eintritt in die Orden untersagt. An den zahlreichen Hospitälern und Schulen bildeten sich entsprechende Schwestern- und Bruderschaften, welche sich der Einrichtung annahmen und ein ordensähnliches Leben führten.

– Missionsplan –

Die Missionierung des neuen Landes lief nicht nach einem Zufallsprinzip ab, sondern hatte einen festen Plan. Sie bestand nicht nur aus dem Versuch der Bekehrung, sondern sollte zugleich die Einheimischen mit der europäischen Kultur und Arbeitswelt vertraut machen. Innerhalb von zehn Jahren, diesen Zeitplan umfasste eine Mission, sollte aus der Missionsstation eine christliche Ortschaft und Umgebung entstehen. Anschließend sollte die Mission in ein Bistum umgewandelt werden und die Missionare an einen anderen Ort weiterziehen. Die Realität sah jedoch oft anders aus.

– Missionsstation –

Eine Missionsstation war mehr wie nur ein Kloster. Sie sollte als Keimzelle für eine zukünftige Ortschaft dienen. So war die Vorbereitung einer solchen Gründung oftmals ein Unterfangen von Monaten und Jahren.

So sollte die Station in einem Gebiet entstehen, in welchem eine hohe Zahl von Bekehrungen in einer gewissen Wahrscheinlichkeit lag. Auch sollte das Gebiet über ausreichend Wasser, Holz, Weide- und Ackerland verfügen.

Mit einen Geldbetrag als Startkapital, welcher das zukünftige Grundkapital der Mission bildete, ausgestattet, war die Gründung mit einer gewaltigen Bürokratie überfrachtet. Das Kapital musste beschafft und der Ort gefunden werden, Genehmigungen und Sendungsaufträge wurden gebraucht…

War all dies bewältigt, reisten Missionare, Soldaten und Handwerker an den zukünftigen Ort der Mission, wo erst einmal Hütten errichtet wurden. Als erstes wurde dann eine steinerne Kirche errichtet. Anschließend wurden die Gebäude der Missionare, Soldaten und Handwerker, die Werkstätten und Lagerhäuser um einen anstoßenden Patio, einen quadratischen Hof errichtet. Hierbei war die Außenwand immer aus festem Material, da sie zugleich eine Schutzfunktion im Verteidigungsfall erfüllte.

Material, Werkzeuge und Gehälter wurden aus dem Startkapital bezahlt. Zumeist aus Lehm- und Backsteinziegeln, Steinen, Holz und Keramikfliesen bestehend, wurden viele der benötigten Dinge vor Ort produziert. Anderes wiederum musste von weit her und umständlich beschafft werden. Eine kostspielige Angelegenheit, was auch die oftmals kleinen Räume erklärt. Die Dächer wurden zunächst mit Stroh, später auch mit Ziegeln gedeckt.

Zu jeder Missionsstation gehörten auch Kapellen im Umland. Diese wurden von der Missionsstation betreut, wo alle Missionare lebten.

Mission San Juan Capistrano

– Missionsleben –

In jeder Missionsstation gab es einen Konvent (Kloster), welcher wohl zumeist aus zwei oder drei Patres bestand, welche meistens aus Europa, vor allem Spanien, kamen. Zwischen 1769 und 1845 lebten in den 21 Missionen in Kalifornien 146 Franziskaner, von denen 67 das Martyrium erlitten. Einer der Patres war der Superior des Konventes und zugleich der Leiter der Mission. Auch gab in der Mission fünf oder sechs Soldaten, welche von einem Korporal geleitet wurden, der zugleich der Aufseher der weltlichen Angelegenheiten der Mission war, jedoch den Weisungen des Oberen unterstand. Es gab also eine klare Aufteilung zwischen weltlichen und geistlichen Angelegenheiten.

Auch wenn die Bischöfe es immer wieder versuchten, so misslang ihnen die Eingliederung der Missionsstationen und ihrer Dörfer in die Verwaltung der Diözesen. Lediglich die Abgabe des Zehnten und die Visitation der Amtsführung als Pfarrer konnte von ihnen erreicht werden. Der Superior wurde durch den Vizekönig ernannt, dem der jeweilige Provinzial drei Namen zur Auswahl präsentierte und woraus dieser einen auswählte. Durch den Bischof als Pfarrer in sein Amt eingeführt, war er zugleich der oberste politische Beamte und Richter.

Die eigentliche Mission folgte einem festen Schema. So wurden die Indianer von der Falschheit ihrer Götter überzeugt, die Götterbilder zerstört und anschließend die Richtigkeit des Christentums, mit Argumenten der Bibel, dargestellt. Nun folgte die Taufe, wofür sich die Dominikaner mehr Zeit nahmen, wie die Franziskaner und Augustiner.

Nach der Taufe wurde der Indianer zum Neophyten und im christlichen Glauben unterwiesen. Gleichzeitig gehörte er nun zur Mission, dürfte sich nicht mehr frei im Land bewegen und arbeitete nun  auf den Ländereien der Mission. Sollte er mehrere Tage nicht zur Arbeit kommen, so wurde er gesucht und gegebenenfalls bestraft. Auch der tägliche Besuch der heiligen Messe war vorgesehen.

Zu jeder Missionsstation gehörte auch ein Frauenkloster, wo die jungen indianischen Frauen bis zu ihrer Hochzeit untergebracht wurden und eine Ausbildung erhielten. Die Beaufsichtigung oblag hierbei einem ihrer Volksgenossen.

Eine Missionsstation muss man sich wie eine Kommune vorstellen. Bei Sonnenaufgang traf man sich zur Frühmesse und zum Gebet, worauf ein ausgiebiges Frühstück folgte. Anschließend wurden die Aufgaben des Tages verteilt. Hierbei oblag den Frauen vor allem Stricken, Sticken, Weben, Waschen und Kochen, den Männern die Feldarbeit, das Bauen, ein Handwerk oder die Pflege von Kranken.

Ein Arbeitstag hatte sechs Stunden und wurde um 11.00 Uhr vom Mittagsgebet, Mittagessen und einer zweistündigen Siesta unterbrochen. Am Abend traf man sich erneut zum Gebet, betete den Rosenkranz, nahm das Abendessen ein und gab sich gesellschaftlichen Aktivitäten. Zudem waren die Sonntage frei, wie auch die ca. 90 Feiertage.