Kommende Griefstedt
Ballei Thüringen / Ballei Hessen
Erzbistum Mainz
Land: Landgrafschaft Thüringen, Kursachsen
I. Geschichte
1234 erwarb der Deutsche Orden die Hälfte des landgräflichen Allods Griefenstedt, dessen zweite Hälfte er bis 1280 gewinnen konnte[1]. Erstmals 1248 als domus Theutonice in Grifstese belegt, ist seit 1251 ein Konvent nachweisbar[2] und 1272 hören wir dann auch von einer Kapelle und einem Priesterbruder. In den 1270er Jahren kam es zu umfangreichen Landstiftungen, wie auch mehrerer Mühlen und der Kirche in Kindelbrück[3], dass die Nennung eines Komturs ab 1277 nicht weiter verwundert[4]. Nachdem die Kommende bereits 1276 die Kirche in Gunstedt erworben hatte[5], zu der später noch ein Hospital für je vier Männer und Frauen[6] und eine Kapelle traten[7], erwarb sie einen Hof in Erfurt und 1284 das Patronat über die dem benachbarte Nicolaikirche[8]. Im Jahre 1284 überwies das Generalkapitel des Ordens, im Rahmen einer „Verwaltungsreform“ die Kommende von der Ballei Thüringen in die Ballei Hessen[9]. Um 1360 nannte die Kommende nicht weniger als 165 Hufen mit 5.000 Morgen Land ihren Besitz[10]. Die ursprünglich gut besetzte Kommende, die 1410/1411 noch einen Konvent von acht Ritter- und zwei Priesterbrüdern besaß[11], zählte 1423 noch drei Ritter- und zwei Priesterbrüder[12] und 1451 nur noch vier Ordensbrüder, von denen einer als Komtur und ein weiterer als Trappier bezeichnet wurde[13]. Zwischen 1453 und 1464 waren es dann wieder drei Ritter- und zwei Priesterbrüder[14]. Da stets mehrere Priesterbrüder im Konvent lebten, so gab es bereits um 1351 einen Kustos[15]. Hierbei handelte es sich vermutlich um den Pfarrer, der stets aus den Reihen der Priesterbrüder genommen wurde[16]. Mit Komtur Martin Schenk von Schweinsberg (1473-1475), der sich fast ständig in Marburg aufhielt, begann der wirtschaftliche Niedergang der Kommende[17]. Am 4. Dezember 1488 wurde der Hauskomtur Johann von Schwalbach, der den Komtur in der Ökonomie des Hauses unterstützte, überfallen und erschlagen. In dieser Zeit begannen auch Restaurierungsarbeiten an den Kommendengebäuden, welche sich aus finanziellen Gründen jedoch verzögerten. Erstmals von einem luxeriösen Leben hören wir bei Komtur Wiegand von Holzaddel (1487-1512), der sich nicht nur häufig in Erfurt aufhielt, sondern auch gerne mit eleganter Kleidung schmückte und üppige Tafel hielt[18]. Trotzdem nicht ganz ohne Geschick, wurde er streitsüchtige Komtur von einem geschäftstüchtigen Hauskomtur in seinen Amtsgeschäften unterstützt[19]. Ein Opfer der Bauernaufstände wurde die Kommende ab dem Morgen des 18. Juni 1525, als rund 1.000 Menschen aus Kindelbrück heranzogen und unterwegs bereits die Weingärten verwüsteten. Mit Gewalt in die Kommende eingedrungen, plünderten und verwüsteten sie diese vollständig[20]. Der Schaden lag bei 3.950 Gulden, wobei Gebäudeschäden noch nicht mitberechnet wurden[21]. Dem Komtur gelang bis 1529 nicht nur die Wiederherstellung der Kommende, sondern auch die Einklagung von Schadensersatz[22]. Wenn auch der Komtur im katholischen Glauben verhaftet blieb, so wechselten doch seit 1530 immer mehr Untertanen der Kommende (ausgestattet mit Hoch- und Niedergerichtsbarkeit) zum lutherischen Glauben über, unterstützt durch den Landgrafen[23]. 1538 wurde Komtur Georg Löwe von Steinfurt durch den Landkomtur in Marburg festgesetzt, da man seine Konversion befürchtete. Nach längeren Verhandlungen verzichtete der Komtur (1538) auf sein Amt, doch hatte der Kurfürst von Sachsen die Gebäude, wenn auch nur für kurze Zeit, besetzt[24]. Seit 1547 immer wieder durch die Glaubenskriege in Mitleidenschaft gezogen[25], versuchte der Landesherr mehr und mehr seinen Einfluss über die Kommende auszudehnen und nahm sie beim Wechsel des Komturs immer wieder in Besitz[26]. Die Folgen des Dreißigjährigen Krieges führten dazu, dass der Komtur seit 1622 die Kommende verlassen hatte. 1630 fiel sie, wie das gesamte Umland, dem Kurfürsten von Sachsen in die Hände[27]. Der 72jährige Ordensritter Bernhard Schwarze, der als Verwalter des Komturs fungierte, wurde einfach vor die Tür gesetzt. 1635 irrte der Komtur immer noch umher, ohne festen Sitz oder Einkommen. Als die Kommende am 17. September des Jahres zurückerstattet wurde, war der Komtur verheiratet und nahm sie nur noch als Bevollmächtigter entgegen. Da sich aber der Schaden auf 13.285 Gulden belief, konnte er sich kaum noch entschädigen und ging wieder. Als die Schweden 1645 die Kommende an sich nahmen, stand diese seit Jahren leer und es musten erst einmal die Wölfe vertrieben werden. In der Kommende und ihren drei Dörfern befanden sich lediglich noch 14 Personen. Als der neue Komtur, von Ketteler, 1645 in Erfurt die Inbesitznahme seiner Kommende ankündigte, wurde er von einem schwedischen Offizier erstochen. Der Name des neuen Komturs blieb erst einmal „Geheimsache“ und wurde erst mit der Rückgabe nach dem Westfälischen Frieden (1648) bekannt[28]. Bis 1657 hatte Komtur Philipp Leopold von Neuhoff nicht nur mit der Renovierung der Kommendengebäude eingige Fortschritte gemacht, sondern bemühte sich auch darum, die Wirtschaftsführung des Hauses ans Laufen zu bringen[29]. Entgegen dem Befehl des Hochmeisters hat der Komtur dem Landesherren den Treueeid geleistet, da er auf dessen Schutz angewiesen war. Ein gutes Verhältnis zum Landesherren würde dem Hause nützlicher sein, denn ein dauerndes remonstrieren. 1662 das Gerichtswesen reformierend[30], konnte er die Wirtschaftsführung bis zu dieser Zeit weitgehend sanieren[31]. 1671 wurde sein Neffe Stephan Franz von Neuhoff zu seinem Nachfolger erkoren. Mit seinem Tode, im Jahre 1695, endet dann auch die Liste der katholischen Komture und die Konfessionen wechselten sich ab[32]. Zu seinem Nachfolger bestellte der Hochmeister den Landkomtur August von der Lippe, dem jedoch erst einmal die kurfürstliche Genehmigung zur Inbesitznahme verweigert wurde. Da beide Seiten ein Interesse an der Wirtschaftskraft der Kommende hatten, war dies auch erst einmal das einzige was funktionierte[33]. Wenn der Kurfürst die Kommende nun auch sequestierte, so hatte der Landkomtur deren Verwaltung doch nicht ganz aus der Hand gegeben[34] und konnte sie im Jahre 1700 endlich in Besitz nehmen, starb jedoch bereits ein Jahr später[35]. Johann Adolph Marschall von Biberstein war kaum im Amt, als er seiner Baulust bereits freien Lauf ließ[36]. Gleichzeitig gelang es ihm, den Reinerlös der Kommende bis 1710 von 1.700 Gulden auf 4.500 Gulden zu steigern. Bis 1716 verbaute er nicht nur seine Einnahmen von 60.000 Thalern in Schloss und Kirche, sondern machte zudem 59.163 Thaler Schulden[37]. Sein Nachfolger, Komtur Carl von Stein, musste nicht nur die Schulden tilgen[38], sondern beendete auch die unfertigen Bauten[39]. Nachdem der alternde Komtur von Diemar gegen eine Jahresrente von zusammen 3.600 Gulden die Verwaltung an den Landkomtur abgetreten und sich nach Erfurt zurückgezogen hatte[40], lag das Einkommen der Kommende 1779 bei 6.200 Gulden[41]. Zunehmend misachtete die kurfürstliche Regierung die Privilegien des Deutschen Ordens, der eindeutig der schwächere Teil war und 1781 einen Vergleich suchte[42]. Gleichzeitig war die Kommende in den letzten Jahrzehnten aber auch zu einer reinen Pfründe geworden, um die sich nicht der Amtsinhaber, sondern ein bestellter Ordensbeamter bekümmerte[43]. Noch 1806 mit Einnahmen von 8.393 Thalern und Ausgaben von 5.012 Thalern belegt[44], ließ die sächsische Regierung am 12. September 1809 allen Besitz inventarisieren, beließ aber den in Dresden lebenden Komtur, der beste Verbindungen zum Hofe hatte, in seinem Besitz. Verständlicherweise waren alle Verbindungen der Kommende zur Ballei Hessen, jetzt Ausland, abgerissen. Als der Komtur am 3. Dezember 1809 verstarb, war dies auch das Ende der Kommende[45].
II. Komture[46]
Gottfried de Kornre (1288-1302)
Leopold von Ammelunx (1302-1320)
Heinrich von Wildecken (1320-1332)
Barthold von Ebeleden (1332-1344)
Herrmann von Schrikede (1344-1351)
Ulricus (1351-1358)
Drypode von der Danne (1359-1379)
Conrad von Beldersheim (1379-1407)
Dietrich von Wittershausen (1407-1438)
Hartmann von Liederbach (1438-1453)
Helfrich von Drahe (1453-1464)
Ludwig von Rabenau (1464-1473)
Martin Schenk von Schweinsberg (1473-1475)
Johann Schenk von Schweinsberg (1475-1487)
Wiegand von Holzaddel (1487-1512)
Sittig von Breitenbach (1512-1519)
Conrad Schlaun (1519-1525)
Wolfgang Schutzbar gen. Milchling (1525-1529)
Georg Lowe von Steinfurt (1529-1538)
Adolf Schutzbar gen. Milchling (1538-1547)
Heinrich von Widderstein (1547-1553)
Philipp von Bicken (1553-1556)
Franz von Hatzfeld (1556-1575)
Walther von Plettenberg (1575-1580)
Georg von Hörde (1580-1586)
Wilhelm von Oyenhausen (1586-1591)
Gerhard von Steinhausen (1591-1611)
Ottomar von Galen (1611-1613)
Rüdiger von Horde (1613-1615)
Johann Fuchs (1615-1627)
Philipp von Hundelshausen (1627-1644)
Adam Wilhelm von Kettler (1645)
Philipp Leopold von Neuhoff (1645-1670)
Stephan Franz von Neuhoff (1670-1695)
August von der Lippe (1695-1701)
Johann Adam Marschall von Biberstein (1701-1716)
Carl von Stein (1716-1734)
Hans Moritz von Brühl (1734-1755)
Alexander von Diemar (1756-1772)
Carl Friedrich Reinhold von Baumbach (1772-1776)
Max Wilhelm Siegmund von Stetten (1776-1794)
Heinrich Moritz von Berlepsch (1795-1809)
[1] Marian Tumler, Der Deutsche Orden im Werden, Wachsen und Wirken bis 1400 mit einem Abriß der
Geschichte des Ordens von 1400 bis zur neuesten Zeit, Wien 1955, S. 142
[2] Ursula Braasch-Schwersmann, Das Deutschordenshaus Marburg. Wirtschaft und Verwaltung einer spätmittelalterlichen Grundherrschaft., Marburg 1989, S. 22
[3] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutsch-Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 19-20
[4] Marian Tumler, Der Deutsche Orden im Werden, Wachsen und Wirken bis 1400 mit einem Abriß der
Geschichte des Ordens von 1400 bis zur neuesten Zeit, Wien 1955, S. 142
[5] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 21
[6] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 41
[7] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 27
[8] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 23
[9] Marian Tumler, Der Deutsche Orden im Werden, Wachsen und Wirken bis 1400 mit einem Abriß der
Geschichte des Ordens von 1400 bis zur neuesten Zeit, Wien 1955, S. 142
[10] Ursula Braasch-Schwersmann, Das Deutschordenshaus Marburg. Wirtschaft und Verwaltung einer spätmittelalterlichen Grundherrschaft., Marburg 1989, S. 22
[11] Marian Biskup, Irena Janosz-Biskupowa, Visitationen im Deutschen Orden im Mittelalter 1236-1449, Marburg 2002, S. 66
[12] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 51
[13] Marian Biskup, Visitationen im Deutschen Orden im Mittelalter. Teil II, Marburg 2004, S. 121
[14] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 51
[15] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 36
[16] Ursula Braasch-Schwersmann, Das Deutschordenshaus Marburg. Wirtschaft und Verwaltung einer spätmittelalterlichen Grundherrschaft., Marburg 1989, S. 23
[17] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 58
[18] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 66-68
[19] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 70-71
[20] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 80
[21] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 85
[22] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 92
[23] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 94
[24] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 96
[25] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 108
[26] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 118
[27] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 159-160
[28] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 169-174
[29] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 184
[30] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 186-188
[31] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 192
[32] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 240
[33] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 227
[34] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 236
[35] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 238
[36] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 240
[37] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 244-245
[38] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 250
[39] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 257
[40] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 295
[41] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 314
[42] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 317
[43] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 320
[44] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 339
[45] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. 341-342
[46] J. G. L. Anderson, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, Erfurt 1867, S. VII-VIII