Die Prima Regula des Deutschen Ordens

I – Prima Regula II – Gesetze III – Gewohnheiten
1. PROLOG
I. Im Namen der Heiligen Dreifaltigkeit künden wir allen, die gegenwärtig sind und in Zukunft kommen werden, wie und wann der Orden des Hospitals St. Mariens des Deutschen Hauses von Jerusalem entstanden ist und von wem er gegründet wurde. Im Jahre 1190 nach der Geburt unseres Herrn, zur Zeit, in der Akkon in den Händen der Christen war, nachdem es mit Gotteshilfe aus den Händen der Ungläubigen zurückgewonnen werden konnte, befanden sich im Heer eine Schar guter Leute aus Lübeck und Bremen. Aufgrund der Milde unseres Herrn erbarmten sie sich der vielfältigen Gebrechen, die die Kranken im Heere auszustehen hatten, und gründeten das genannte Hospital unter einem Schiffssegel (daz ein kocke geheizen ist). Hier brachten sie die Siechen mit großer Sorgfalt (andaht) unter und pflegten sie mit viel Fleiß. Dieses noch kleine Beginnen erbarmte den Herzog Friedrich von Schwaben und andere hohe Herren, deren Namen hier geschrieben stehen: der ehrwürdige Patriarch von Jerusalem und der König desselben Reiches, Heinrich; der Herzog Heinrich von Brabant, der Heeresführer; der Meister vom Spital St. Johannes und der Meister vom Tempel (der Templer); der Erzbischof und die hohen Leute desselben. Auf Geheiß dieser sandte der vorhin genannte Herzog von Schwaben seine Boten über das Meer an seinen Bruder König Heinrich, den Kaiser, er möge von Papst Cölestin erwirken, dass er das neu gegründete Hospital bestätigen und ihm die Lebensweise zum Dienst an den Kranken nach denn Vorbild des Spitals St. Johannes und die der Ritterschaft nach dem Vorbild des Templerordens geben möge. Dies geschah. Beides, die Lebensweise und die Freiheiten von des Herren Gnade und Güte des Papstes, wurde bestätigt und demselben Hospital übergeben. Dieselbe Lebensweise ist nicht nur von den Menschen auf Erden bestätigt, sondern auch von Gott im Himmelreich.
II.Wir lesen im Alten Testament, dass Abraham, der große Patriarch, um seinen gefangenen Bruder Lot kämpfte und dass es ihm im Kampf gelungen ist, ihn aus der Gefangenschaft zu befreien. Auf dem Rückzug begegnete ihm Melchisedech mit seinen Gaben (Brot und Wein). Ihm offenbarte der Heilige Geist, dass der, der die höchste Stelle in der Kirche innehat, die Ritter lieben solle, sie mit Segen empfangen und mit besonderem Wohlwollen unter seinen Schutz stellen möge. Auch möge er ihnen Ablässe und Privilegien verleihen, um diese an gute Menschen weitergeben zu können. So begann die Ritterschaft der Gläubigen gegen die Ungläubigen.
III.Diese Ritterschaft, bezeichnet als himmlische wie auch als irdische, ist von höchstem Range, da sie gelobt hat, die Verschmähnisse Gottes und seines Kreuzes zu rächen und um das Heilige Land zu kämpfen, das eigentlich in christlicher Hand sein sollte, die Heiden aber für sich erzwungen haben. Auch der hl. Johannes sagt, dass eine neue Ritterschaft vom Himmel herabkommt. Dieses Gesicht will uns sagen, dass die Kirche einige Ritter haben solle, die ihre Feinde mit starker Hand vertreiben. Zum Zeugnis dafür stehen auch Mose und Josua, die Ritter waren unter den Juden, also Ritter Gottes. Sie führten einen Gott wohlgefälligen Kampf und vernichteten so die bösen und ungläubigen Leute, die das ganze Land (Heilige Land) besetzt hatten. David war ein König, den Gott selbst zum Regieren bestimmt hatte, dazu ein großer Prophet. Er hatte eine stattliche Anzahl von Leuten unter seinem Gesinde, deren Aufgabe es war, das Haupt Davids zu beschützen und alle, die Davids Haupt verfolgen, zu vernichten. Dies war ein Vorzeichen, dass unser Herrgott, der das Haupt der Kirche ist, bis in unsere jüngsten Zeiten noch solche (Ritter, Kämpfer) haben sollte. Wir gedenken auch des löblichen und vor Gott geschätzten Kampfes jener Ritter, die Makkabäer heißen, in welchem sie tapfer (stercliche) und in Ehre gegen die Heiden für den Glauben kämpften. Die Heiden wollten sie zwingen, Gott zu verleugnen. Mit Gottes Hilfe aber konnten sie überwunden und vernichtet werden, so dass die von ihnen verunreinigten Heiligen Stätten gereinigt waren und wieder Friede herrschen konnte im Lande.
IV.Diesem Kampf nun folgt der heilige ritterliche Orden des Hospitals St. Mariens vom Deutschen Haus, der erahnt hat, dass er mit ehrsamem Gefolge geziert ist, da er aus zum Kampf erwählten Rittern besteht, die um der Liebe und der Ehre des Vaterlandes willen sich gegen die Feinde des Glaubens mit starker Hand verteidigen. Sie zeichnen sich auch aus durch überströmende Liebe gegenüber den Gästen, den Pilgern und den armen Menschen. Sie sind voll der Barmherzigkeit und Güte gegenüber den Kranken, die im Hospital liegen, ihnen dienend in brennender Liebe.
V.Unter den Mitgliedern sind auch Priester, deren Würde und Nutzen darin besteht, dass sie in der Zeit des Friedens unter den Brüdern ein gutes Beispiel geben (glenstern) und die Laienbrüder ermahnen, ihr geregeltes Fasten zu halten, dass sie den Gottesdienst feiern und die Sakramente spenden. Im Kriegsfall besteht ihre Aufgabe darin, die Brüder für den Kampf zu stärken und sie ermahnend daran zu erinnern, dass auch Gott (Jesus Christus) durch den Tod am Kreuz gelitten hat. Sie sollen also bewahren und behüten beide, die Gesunden und die Kranken, und sollen alle ihren Dienst vollbringen in einem sanften Geiste. Darum sahen die Päpste diesen besonderen Orden, der sich zum allgemeinen Wohl der Kirche erbietet, mit frohen Augen und haben ihn beschenkt und bestätigt mit mannigfachen Freiheiten und Privilegien.
GELÜBDE – DIENST AM KRANKEN
Dies ist die Regel der Brüder vom Deutschen Hause Sankt Mariens
Zum Lobe der Heiligen Dreifaltigkeit beginnt hier die Regel der Brüder vom Hospital Sankt Mariens des Deutschen Hauses von Jerusalem. Sie teilt sich in drei Teile. Der erste Teil spricht von der Keuschheit, vom Gehorsam und von der Lebensweise ohne Eigentum (Armut). Der andere Teil handelt über das Hospital, wie und was man haben darf. Der dritte Teil spricht von den Dingen, die die Brüder schuldig sind zu halten.
R 1: Vom Gebot der Keuschheit, des Gehorsams und der Armut
Drei Dinge sind die Grundfeste eines jeglichen geistlichen Lebens; sie sind geboten in dieser Regel. Das erste ist die Keuschheit ewiglich, das andere ist der Verzicht auf den eigenen Willen, das ist Gehorsam bis an den Tod, das dritte ist das Versprechen der Armut, dass der ohne Eigentum lebe, der in diesen Orden eintritt. Diese drei Dinge bilden und stellen dar jenen Menschen nach dem Beispiel unseres Herrn Jesus Christus, der keusch war und es blieb im Geiste wie am Leibe, dessen Armut bereits bei seiner Geburt begann, da man ihn in ärmliche Windeln wickelte (bewant mit cranken tücher inen). Armut begleitete ihn auch in seinem Leben, bis er durch uns nackt am Kreuze hing. Er hat uns auch im Gehorsam ein Vorbild gegeben, indem er seinem Vater gehorsam war bis in den Tod. So hat er selbst den Gehorsam geheiligt, da er sprach: Ich bin nicht gekommen, meinen Willen zu tun, sondern den Willen meines Vaters, der mich gesandt hat. Auch schreibt der hl. Lukas, dass Jesus, nachdem er mit Maria und Josef in Jerusalem war, ihnen untertänig war. In diesen drei Dingen – Keuschheit, Gehorsam und ohne Eigentum zu leben – liegt die Kraft dieser Regel, so dass sie so unverändert bleibt, dass nicht einmal dem Meister des Ordens die Gewalt zukommt, jemandem die Erlaubnis zu geben, von diesen drei Dingen abzusehen. Bricht man eines, so wäre wohl die ganze Regel gebrochen.
R 2: Von den Gütern und dem Besitz der Gemeinschaft
Die Brüder können aufgrund der großen Unkosten, die bei so vielen Leuten, dem Hospital, der Ritterschaft, den Kranken und den Armen erwachsen, Güter und Erwerb haben auf den gemeinsamen Namen des Ordens und ihres Kapitels sowie Äcker, Weingärten, Mühlen, Festungen, Dörfer, Pfarreien, Kapellen, Zehnt und sonstige Dinge, die ihnen aufgrund der verliehenen Privilegien zustehen. Sie können auch Menschen, Frau wie Mann, Knechte und Mägde, zu ewigem Rechte besitzen.
R 3: Von den Freiheiten des Ordens und deren rechtem Gebrauch
Da sich jeder Ordensstand (jegelich geistlich leben) der Immunitäten und Freiheiten des Apostolischen Stuhles in Rom erfreut und von der weltlichen Gerichtsbarkeit exemt ist, ist es billig, dass dieser heilige Orden der Brüder vom Hospital Sankt Mariens des Deutschen Hauses von Jerusalem dessen sich erinnere, dass er in den besonderen Schutz des päpstlichen Stuhles genommen ist. Weil aber dieser Schutz der Kirche keineswegs der Gerechtigkeit zuwider sein will, so befehlen wir zu beobachten, dass die Brüder in ihren Angelegenheiten, die sie gegen jemandem gerichtet durchfechten, in jeder Hinsicht ihre Freiheiten und Privilegien zur Anwendung bringen können. Sie mögen jedoch diejenigen, die sie anklagen, nicht auf böswillige, üble und unbillige Weise und mit Absicht kränken und im Falle der eigenen Klägerschaft nicht mit hinterlistigen oder verfänglichen Verteidigungsmitteln gegen sie vorgehen.
R 4: Vom Hospital
Wenn dieser Orden ein Hospital und eine Ritterschaft hat, wie aus seinem Namen hervorgeht, so verordnen wir, dass am Hauptsitz oder wo sonst der Meister mit seinem Rate es bestimmt, ein Hospital eingerichtet sei für ewige Zeiten. Wenn man anderswo ein bereits bestehendes Hospital angeboten bekommt, so möge der Landkomtur mit dem Rat der klügeren Brüder dieses annehmen oder abweisen. In anderen Häusern dieses Ordens aber soll man kein Hospital errichten ohne die besondere Erlaubnis des Meisters mit dem Rat der weiseren Brüder.
R 5: Von der Aufnahme der Kranken
So soll man die Kranken im Hospital empfangen. Wenn der Kranke angenommen wird, soll er, noch bevor man ihn zu seinem Krankenlager (stat der ruwe) bringt, seine Sünden beichten, wenn er die Kraft dazu hat und jemand da ist, dem er sie beichten kann; auch soll er den Leib des Herrn empfangen, damit er auf sein Gebet hin gerettet werde. Anders könne man niemanden ins Hospital aufnehmen. Wenn er (der Kranke) irgendein Gut hat, soll der Bruder, dem die Pflege des Hospitals obliegt, dies schriftlich festhalten und den Kranken gleichzeitig ermahnen, dass er sich sorge um das Heil seiner Seele. Was der Kranke von seinem Gut dazu bestimmt, soll man, wenn man will, behalten.
R 6: Von der Pflege der Kranken
Hat der Kranke einen Platz im Hospital erhalten, soll man ihn nach des Spittlers klugem Ermessen, der die Not seiner Krankheit beachten möge, sorgfältig und mit Fleiß pflegen. Nach Ermessen möge man im höchsten Hause, das ist der Hauptsitz des Ordens, Ärzte haben nach der Gegebenheit und der Möglichkeit des Hauses und der Anzahl der Kranken. Nach der Weisung der Ärzte und dem Vermögen des Hauses soll man die Kranken barmherzig pflegen und sie liebevoll behandeln. Alle Tage gebe man ihnen in Liebe zu essen, noch bevor die Brüder essen. An den Sonntagen lese man ihnen die Epistel und das Evangelium vor, besprenge sie mit Weihwasser und gehe man zu ihnen in Prozession. In. allen anderen Hospitälern speise man sie alle Tage liebevoll zur festgesetzten Zeit. Auch hier lese man ihnen an den Sonntagen die Epistel und das Evangelium vor und besprenge sie mit Weihwasser aber ohne Prozession, es sei denn, der Landkomtur verordnet etwas anderes. Es ist ihm und dem Rat der weisen Brüder überlassen, im genannten Hospital Ärzte einzustellen. Sorgfältig soll man jedoch darauf achten, dass in allen Hospitälern nachts das Licht nicht fehle. Wer in diesem Hospital, zu welcher Zeit auch immer, vor der Vesper stirbt, den möge man sofort begraben. Bei jenen aber, die nach der Vesper verscheiden, warte man mit dem Begräbnis bis zum nächsten Morgen nach der Prim, es sei denn, aufgrund der Sorge des Hospitalpflegers werde anders zu tun geraten. Wir wollen auch, dass man stets beachte, dass in allen Hospitälern der vom Meister oder seinem Stellvertreter beauftragte Bruder sich um das seelische und leibliche Wohl der Kranken sorge und sich befleiße, ihnen demütig und in Andacht zu dienen. Die Komture ihrerseits sollen in fürsorgender Weise das, was die Kranken an Kost und sonstigen Bedürfnissen benötigen, zur Verfügung stellen. Wenn aber ein zur Pflege betrauter Bruder den Dienst am Kranken verschmähen oder versäumen sollte, sollen dies die übrigen Brüder dem Meister oder dem Oberen berichten, woraufhin dieser die Versäumnisse nach der Größe seiner Schuld büßen wird. Derjenige, dem sie Sorge für die Kranken anvertraut ist, soll auch mit Klugheit bemüht sein, solche Diener zu gewinnen, die mit Hingabe und Demut den Kranken dienen; sollte man bei ihnen Versäumnisse entdecken, sollen auch sie nicht unbestraft bleiben. Den Komturen wie auch allen übrigen Brüdern soll bewusst sein, dass sie beim Empfang des Ordenskleides ebenso gelobten, den Kranken zu dienen wie als Ritter sich für den Orden bereitzuhalten.
R 7: Sendung der Almosenbitter
Wenn für die Kranken zu viel benötigt wird, können gemäß den Ordensprivilegien mit der besonderen Erlaubnis des Meisters oder Landkomturs gewissenhafte Almosenbitter ausgesandt werden. Diese sollen den Laien den Ablass des Papstes verkünden, dass Volk ermahnen, das Spital mit dem Notwendigen zu unterstützen, besonders aber ein gottesfürchtiges Leben führen, damit sie nicht durch ihr schlechtes Vorbild wie die Söhne Helis die Menschen vom Dienste Gottes und an den Kranken zurückhalten. Die Almosenbitter sollen in ihren Ausgaben nicht unmäßig sein und bei ihren Fahrten durch das Land in den Häusern des Ordens das dankbar annehmen, was die Brüder zu ihrer Kräftigung reichen, nicht aber schroff weiteres verlangen.
R 8: Vom Gottesdienst
Die Priester und die Laienbrüder sollen am Tag, bei Nacht und zu den festgesetzten Gebetszeiten gemeinschaftlich zum Gottesdienst kommen. Die Priester singen und lesen aus den Brevieren und Messbüchern, die dem Orden entsprechend geschrieben sind; die anwesenden oder auch abwesenden Laienbrüder sollen anstelle der Metten dreizehn Pater noster sprechen, für jede andere Hore sieben, ausgenommen die Vesper, zu der sie neun Pater noster beten. Dieselbe Anzahl an Vater unser sollen sie für das marianische Offizium sprechen. Den genügend gelehrten Laienbrüdern jedoch, welche von sich aus oder mit Erlaubnis des Meisters mit den Priestern die Tagzeiten und das Stundengebet Unserer Frau, sowohl Psalmen wie auch das übrige Offizium, die zum Gebet der Priester gehören, beten, sind die den Laienbrüdern gesetzte Zahl der Pater noster erlassen. Den Brüdern, welche ein Amt bekleiden, ist es erlaubt, gelegentlich vom Gottesdienst und von der geistlichen Unterredung fernzubleiben, wenn dringende Geschäfte ihres Amtes dies erfordern. Bei den Metten setzen sich die Brüder nach dem Invitatorium und dem Hymnus gemeinsam nieder; während man das Evangelium liest und die Laudes singt sowie beim Offizium Unserer Frau sollen die Gesunden stehen. In ihren Oratorien sollen sie sich zu jedem Gloria patri und zur Ehre der Heiligen Dreifaltigkeit erheben. Wenn sie stehen, werden sie beim Gloria patri eine ehrwürdige Verneigung machen. Mit Fleiß möge man darauf achten, dass niemand lispelt, mit zu lauter Stimme oder durch ordnungswidrige Kniebeugen den anderen stört, und man lege das Augenmerk darauf, daß das Herz von dem erfüllt sei, wovon der Mund spricht. Denn das Gebet krankt, wenn das Herz nicht mitschwingt (wenne daz gebet vil cranc ist ane des herzens mitedenken).
R 9: Die Tage, an denen die Brüder den Leib des Herrn empfangen sollen
Der Herr hat im Evangelium verheißen: Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm. Er wird in Ewigkeit den Tod nicht schauen. Deshalb gebieten wir, dass alle Brüder dieses Ordens siebenmal im Jahr den Leib des Herrn empfangen: am Gründonnerstag da Christus dieses Sakrament einsetzte, sein Leib und sein Blut den Jüngern reichte und ihnen auftrug, es zu seinem Gedächtnis zu feiern; am Osterfest, Pfingsttag, zu Mariä Himmelfahrt, am Feste Allerheiligen, zum Fest der Geburt des Herrn und an Mariä Lichtmess. Es ist nicht gestattet, den Leib des Herrn seltener zu empfangen, zumal es in anderen Orden Brauch ist, es häufiger zu tun.
R 10: Das Gebet für Lebende und Tote
Die Brüder sollen sorgfältig darauf achten, dass die schuldigen Fürbitten für die Toten, die schon vor dem Gericht Gottes stehen und rasche Hilfe brauchen, nicht verzögern. Darum gebieten wir, dass der Ordenspriester für jeden eben gestorbenen Bruder seines Hauses die Totenfeierlichkeiten begeht wie es das Brevier des Ordens vorschreibt. Der Laienbruder aber soll für die Brüder seines Konventes hundert Vaterunser beten. Das gleiche gilt für die Brüder, die nicht in Konventen sind. Für die Brüder, die anderswo sterben, beten sie täglich fünfzehn Vaterunser. Der Ordenspriester soll jährlich zehn Messen für die Sünden und das Heil der lebenden Wohltäter und Freunde des Ordens und für die ganze Ordensfamilie lesen und auch zehn Messen für die Toten. Die Kleriker beten dreimal die Psalter für die Lebenden und Toten. Die Laienbrüder beten außer an den ihnen vorgeschriebenen Tagzeiten täglich dreißig Vaterunser für die lebenden Wohltäter, Vertrauten und Freunde des Ordens und ebenso viele für die Toten; doch sind sie nicht verpflichtet, diese Vaterunser nüchtern, vor den Mahlzeiten, zu beten. Das Haus, dem ein Bruder stirbt, gebe das beste Kleid des Toten den Armen. Mit der Speise und dem Trank, die sonst dieser eine Bruder erhielt, diene man vierzig Tage hindurch den Hungernden, weil das Almosen vom Tode befreit und nicht zulässt, dass die Seelen, die in Gnade hinscheiden, länger in der Pein bleiben. Zu keiner Zeit im Jahr soll ein Bruder ein anderes Almosen geben.
R 11: Die Kleidung der Brüder
Den Brüdern des Ordens sei es erlaubt, Hemden, Unterkleider, Hosen, Laken und Bettzeug aus Leinen zu haben. Die Oberkleider müssen von geistlicher Farbe sein. Die Ritterbrüder tragen weiße Mäntel als Zeichen der Ritterschaft. Die anderen Kleider unterscheiden sich nicht von denen der übrigen Brüder. Wir gebieten, dass jeder Bruder auf dem Mantel, dem Gewand und dem Waffenrock ein schwarzes Kreuz trage und dadurch nach außen bekenne, dass er ein Glied dieses Ordens ist. Die Brüder sollen Pelzwerk und Decken aus Schaf- und Ziegenfell haben. Ziegenfell gebe man nur auf Verlangen. Die Schuhe sollen ohne Schnüre, Schnallen und Schnäbel sein. Wer für Kleidung und Schuhe zu sorgen hat, passe sie den Brüdern genau und gewissenhaft an, dass sie nicht zu lang oder zu kurz, zu eng oder zu weit sind, sondern das jeder sie selbst ohne Schwierigkeit an- und ausziehen kann. Wenn es der Komtur nicht anders anordnet, hinzufügt oder vermindert, genüge den Brüdern als Bettzeug ein Bettsack, ein Tuch, ein Laken und eine Decke aus Leinen oder Wollstoff und ein Kopfkissen. Wer neue Kleider erhält, hat die alten zurückzugeben. Der Bruder, der für die Kleider zu sorgen hat, verteile diese (die alten Kleider) an Knechte und arme. Sollte einer, was ferne sei, freventlich danach trachten, für die zugeteilten Waffen und Kleider bessere und schönere zu erhalten, so gebe man ihm schlechtere, da er sich selbst verdient hat. Er prüfe auch, wie weit ihm die Heiligkeit der inneren Haltung fehlt, da er sich so sehr um das Äußere bemüht. Weil schon die Weltgeistlichen durch die Art der Kleider ihren Stand nach außen zeigen sollen, ziemt es sich für die Ordenspriester um so mehr geistliche Tracht zu tragen.
R 12: Die Haartracht
Alle Brüder lassen ihr Haar so scheren, dass man von vorn und hinten erkennen kann, dass sie Ordensbrüder sind. Bart und Schnurrbart sollen nicht zu lang sein. Die Priesterbrüder tragen Haar und Tonsur nach der Vorschrift des Ordens. Aus Ehrfurcht vor der Feier der heiligen Messe sollen sie sich rasieren lassen.
R 13: Das Mahl
Vor dem Essen sprechen die Ordenspriester den Tischsegen, die Brüder beten ein Vaterunser und Ave-Maria. Dies Speisen sollen sie empfangen als Gabe Gottes und des Hauses. Den Brüdern des Ordens sei es erlaubt, an drei Tagen Fleisch zu essen, am Sonntag, Dienstag und Donnerstag, an drei Tagen Käse und Eier, am Freitag aber nehmen sie Fastenspeise. Fällt das Fest der Geburt des Herrn auf einen Freitag, so sollen die Brüder aus Freude über die hohe Zeit Fleisch essen. Den Brüdern reiche man die Speise gemeinsam. Sie sollen das gleiche erhalten, aber nach den Möglichkeiten des Hauses und den Bedürfnissen der Brüder. Es sollen nicht alle das erhalten wollen, was für einige notwendig ist. Wer weniger braucht, danke Gott, wessen Krankheit mehr erfordert, der sei demütig um seiner Schwäche willen. Die Rücksichtnahme darf ihn nicht überheblich machen. So sei der Frieden unter allen Gliedern. Wir mahnen, besondere Einschränkungen, die vom Gewöhnlichen auffallend abweichen, zu meiden. In den Häusern essen die Brüder zu zweit, nicht aber bei der Nachspeise und beim Trinken. In allen Häusern, in denen ein voller Konvent ist, also zwölf Brüder und als Dreizehnter der Komtur nach dem Vorbild der Apostel Christi, soll fortlaufend eine Tischlesung sein. Alle hören sie schweigend an, damit nicht nur der Gaumen gespeist wird, sondern auch die Ohren nach dem Worte Gottes hungern.
Bei Tisch kann leise und kurz mit denen über das Notwendige gesprochen werden, die dienen, oder auch mit anderen, wenn Amtliches zu erledigen ist. Die Dienenden und die, so nach dem Konvent essen, auch die Brüder in kleineren Häusern, in denen keine Lesung ist, halten sorgfältig das Schweigen, soweit es die Geschäfte des Hauses erlauben und wenn nicht der Komtur aus Höflichkeit gegenüber Gästen die Erlaubnis zum Sprechen gibt. Die Brüder sollen das Mahl nur aus zwingender Notwendigkeit unterbrechen und nach deren Regelung sofort zurückkehren. Nach dem Mahl sprechen die Priester den Tischsegen, die Laien zwei Vaterunser und Ave-Maria. In allen Häusern gehen sie darauf regelmäßig zur Kirche oder in den vom Komtur bestimmten Raum.
Nur die ganzen Brote gebe man zurück, das andere gebe man den Armen.
R 14: Das Almosengeben
Die Liebe gibt das heilsame Gesetz, dass alle Häuser dieses Ordens, die Kirchen und Kapellen haben, den zehnten Teil des Brotes, das im Ofen des Hauses gebacken wird, den Armen gegeben oder statt des Brotes dreimal in der Woche ein gemeinsames Almosen reichen sollen.
R 15: Das Fasten
Wenn nicht Krankheit oder ein zwingender Grund es anders verlangen, sollen die Brüder fasten: vom letzten Sonntag vor St. Martin bis zum Fest der Geburt des Herrn, vom Sonntag Quinquagesima bis zum Osterfest, ausgenommen die Sonntage, an der Vigil von Epiphanie, Maria Lichtmess und St. Mathias, an den Freitagen von Allerheilgen bis zum Osterfest, am St. Markustag wenn er nicht auf einen Sonntag fällt, an den drei Bitttagen, der Vigil von Pfingsten, St. Philippus und St. Jakobus, von Johannes dem Täufer, Peter und Paul, St. Jakobus, St. Laurentius, von Maria Himmelfahrt, St. Bartholomäus, St. Matthäus, St. Simon und St. Judas, an der Vigil von Allerheiligen, St. Thomas und an den Quatembertagen. Fällt die Vigil auf einen Sonntag, so faste man schon am Sonnabend. An den Freitagen von Ostern bis Allerheiligen essen die Brüder zweimal täglich, wenn es nicht der Landkomtur um des Ärgernisses der weltlichen Leute willen in Übereinstimmung mit dem vernünftigeren Teil des Kapitels anders beschließt.
R 16: Der Abendtrunk
Man soll ihn nur an den Fasttagen halten, nicht aber an den Tagen, da man zweimal isst. Doch kann der Komtur auch dann besondere Erlaubnis geben.
Wenn der Abendtrunk gehalten wird, kommen die Brüder vor der Komplet zusammen und nehmen dankbar gegen Gott den Trunk der ihnen gereicht wird. Da in anderen Orden beim Trunk eine Lesung gehalten wird, die alle schweigend hören, mahnen wir, dass das Schweigen auch hier beobachtet oder das wenigstens anständig und zurückhaltend geredet wird. Wenn die Brüder nach dem Abendtrunk das Zeichen hören, sollen sie zur Komplet gehen.
R 17: Schlafen und Schlafraum
Wenn die Umstände es ermöglichen, sollen alle Brüder in einem Raum schlafen. Der Komtur kann es anders anordnen, falls der Dienst es verlangt. Die Brüder sollen gegürtet schlafen, in Hosen, Hemd und Unterkleidern, wie es sich für Ordensleute gehört. Wenn kein zwingender Grund vorhanden ist, sollen sie überall einzeln liegen. In den Räumen, in denen die meisten Brüder schlafen, darf in der Nacht das Licht nicht fehlen.
R 18: Das Schweigen
Wenn die Komplet gesprochen ist, halten die Brüder bis zur Prim des folgenden Tages das Schweigen. Falls der Dienst, die Pflege der Pferde und andere Dinge, die ihnen zeitweilig anvertraut sind, es verlangen, dürfen sie mit den Waffenknechten und anderen leise und kurz sprechen; doch sollen sie die günstigste Stunde wählen. Das Gebot gilt nicht bei Diebes- und Feuersnot oder ähnlichem. Wer aus solchen Gründen sprechen musste, bete vor dem Schlafen ein Vaterunser und Ave-Maria.
R 19: Empfangen und Absenden von Briefen
Wir gebieten, dass außer denen, die durch ihr Amt Siegel gebrauchen, niemand ohne Erlaubnis des Komturs Briefe absende, noch empfangene lese. Wenn es der Komtur für gut befindet, können die Briefe, die abgesandt werden und ankommen, ihm vorgelesen werden.
R 20: Verschenken, Tauschen und Annehmen von Geschenken
Was die Brüder aus Holz herstellen, können sie ohne Erlaubnis weggeben oder tauschen, aber nicht die Sachen, die ihnen der Komtur zum Gebrauch zeitweilig übergeben hat. Kein Bruder soll ohne Erlaubnis des Komturs Sachen annehmen und zu eigenem Gebrauch behalten. Das Verbot gilt nicht für den Komtur. In seiner Macht ist es auch, das Geschenkte einem anderen Bruder zu geben.
R 21: Riegel und Verschluss
Da die Brüder sich vor jedem Eigentum hüten müssen, wollen wir, dass sie an Koffern, Reitsäcken und Schränken keine Schlösser, Riegel oder Schließen haben. Das gilt nicht für diejenigen, die unterwegs sind oder denen es durch das aufgetragene Amt zum Nutzen des ganzen Hauses zusteht.
R 22: Kriegsausrüstung
Dieser Orden ist besonders zum Kampf gegen die Feinde des Kreuzes und des Glaubens eingesetzt. Da die Kampfgewohnheiten und die Lebensweise der Feinde in den einzelnen Ländern verschieden sind, ist es notwendig, sich den Waffen und Kampfweisen der Feinde anzupassen. Wir überlassen dem Komtur, der die Ritterschaft führt, in allem, was zum Kriegsdienst gehört an Kriegsknechten, Pferden, Waffen und allem Gerät, zu bestimmen. Er soll mit dem Rat der erfahrensten Brüder jener Provinz, in der sie kämpfen, das Einzelne genau abwägen und bestimmen. Falls durch die Verzögerung bei Einberufung des Rates eine Gefahr entsteht, müssen wenigstens die anwesenden Brüder gehört werden.
Doch muss gewissenhaft beachtet werden, dass die Brüder nicht ohne Not mit Gold, Silber oder Farben verzierte Schilde, Sättel und Zaumzeug gebrauchen. Speer, Schilde und Sättel dürfen keine Decken haben. Die scharfen Lanzen aber mögen sie mit Schutzhüllen versehen, damit sie die Feinde um so heftiger verwunden.
Wenn der Meister oder der Bruder, der in seinem Namen die Macht ausübt, Pferde, Waffen und Anderes, was den Brüdern für eine Zeit zum Gebrauch überlassen war, anderen zuwenden will, so sollen die Betroffenen in keiner Weise widersprechen, damit es nicht scheint, als wollten sie das als Eigentum besitzen, was ihnen zum Gebrauch gegeben wurde. Außerdem gebieten wir, dass niemand besondere Waffen und Pferde fordern darf. Erhält einer eine Ausrüstung die ihm nicht passt, so soll er demütig und zurückhaltend den Grund der Untauglichkeit dem Komtur melden, ihm aber den endgültigen Entscheid überlassen.
R 23: Die Jagd
Laute Jagden mit Hunden und Jagdvögeln sollen die Brüder nicht halten. Soweit sie aber in einigen Ländern waldreichen Besitz haben, der reiche Nutzung von Wildbret und Fellen ermöglicht, ist ihnen gestattet Jäger zu halten.
Die Brüder dürfen Jagdgäste und Jäger begleiten, um sie vor Räubern und Ungläubigen zu schützen. Doch sollen die Brüder beim Streifen durch die Wälder und offenes Land nicht absichtlich dem Wild nachspüren. Wir erlauben, dass sie Wölfe, Luchse, Bären und Löwen ohne Jagdhunde zum gemeinsamen Nutzen, aber nicht zur Kurzweil, jagen. Zuweilen können sie auch Vögel schießen, um sicher schießen zu lernen.
R 24: Die kranken Brüder
Da die Pflege der kranken Brüder sehr sorgfältig sein soll, übertrage man sie einem umsichtigen Bruder. Er prüfe gewissenhaft das für die Einzelnen Erforderliche und sorge eifrig für das Notwendige nach dem Rat des Arztes, falls ein Arzt gehalten werden kann, und nach den Möglichkeiten des Hauses.
R 25: Von den alten und kranken Brüdern
Die alten und kranken Brüder soll man mit ihrer Krankheit mit viel Geduld ertragen und sie besonders ehren; bei den Bedürfnissen des Leibes soll man in keiner Weise streng sein bei denen, die sich geistlich und ehrsam halten.
R 26: Zusammenleben in Liebe und Brüderlichkeit
Alle Brüder sollen sich so zueinander verhalten, dass die Liebe und Eintracht, welche das Wort Brüder in sich schließt, sich nicht in Unfriede (unmiltekeit) verkehre; sie sollen vielmehr sich bemühen, in brüderlicher Liebe einmütig und gütig im Geiste der Sanftheit miteinander zu leben, so dass man von ihnen mit Recht sagen möge: Wie gut und schön ist es, wenn Brüder in Eintracht miteinander wohnen. jeder, wo er kann, trage des anderen Last, und nach des Apostels Rat seien alle bemüht, den anderen zu ehren. Keine böse Rede, sei es Ohrenbläserei, Aftersprache, Prahlerei mit Taten der Vergangenheit, Lügen, Flüche oder Schelten, Streitworte oder Eitelkeiten, soll aus dem Munde eines Bruders kommen. Keiner soll dem anderen ein Leid zufügen durch Gewalttat oder Drohung. Ist es aber der Fall, dass die Brüder durch Wort oder Tat einander beleidigen, sollen sie daraufhin nicht zögern und die Wunden des Herzens durch die Bitte um Verzeihung heilen, da sie ja Wunden schlugen mit Wort oder Tat. Denn auch der Apostel mahnt: Die Sonne soll über eurem Zorn nicht untergehen. Aber vor allem gebietet dies unser Herr Jesus Christus im Evangelium, da es heißt: Wenn du deine Opfergabe zum Altar bringst und dir dabei einfällt, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, lass deine Gabe vor dem Altar liegen, geh und versöhne dich zuerst mit deinem Bruder, dann komm und opfere deine Gabe.
R 27: Von der Ratsversammlung der Brüder
Wenn der Meister dieses Ordens oder seine Stellvertreter Entscheidungen treffen wollen über Ordenseinrichtungen, über Verkauf von großen und kleinen Ländereien, mit Erlaubnis des Meisters und des Kapitels, über Aufnahme von Brüdern in den Orden, so soll man alle anwesenden Brüder versammeln. Was der bessere Teil (bezzer teil) der anwesenden Brüder rät, das soll der Meister oder sein Stellvertreter befolgen. Welcher Teil aber, sollten sie in ihren Ansichten auseinandergehen, als der bessere Teil zu erachten sei, soll man dem Urteil des Meisters oder dessen Stellvertreter überlassen, aber so, dass mehr auf den geistlichen Sinn, auf die Erfahrung, die Ehrbarkeit und die Klugheit gesehen werde unter den Parteien als auf die Anzahl der Brüder. Andere kleinere Beratungen mögen sie mit den verständigen Brüdern, die sie in der Nähe haben, führen. Manche kleinere Geschäfte können sie in eigener Verantwortung erledigen.
R 28: Vom guten Vorbild/Auf Reisen
Wenn die Brüder unterwegs sind – gegen die Feinde ziehend oder anderer Geschäfte wegen -, werden sie sich bemühen, da sie das Zeichen der Liebe und des Ordens in der Gestalt des Kreuzes (uzwendig) tragen, den Menschen ein gutes Vorbild in Wort und Werk zu geben, um damit zu erweisen, dass Gott mit ihnen und in ihnen ist.
R 29: Die Erprobung der Brüder vor der Aufnahme
Wer in die ehrenvolle Gemeinschaft dieser Brüder aufgenommen werden will, dem muss eine genügende Probezeit gewährt werden, damit er die Härte des Ordens prüfe, die Brüder aber seinen Charakter und seine Fähigkeiten erkennen. Will er auf sein Recht verzichten, so kann mit dem Willen dessen, der ihn aufnimmt, die Gelübde darbringen. Der Mantel, der in gewohnter Weise durch das Gebet gesegnet und mit geweihtem Wasser besprengt wurde, wird dem Professen vom Komtur, in seiner Abwesenheit vom Priester, verliehen. Den Orden mit dem Merkmal des Kreuzes empfängt der Profess durch den Mantel, da kein anderes Kleid die Novizen und Professen unterscheidet.
R 30: Die Aufnahme von Knaben
Wir wollen auch, dass kein Knabe vor dem vollendeten vierzehnten Lebensjahr das Kleid des Ordens erhält oder zur Profess zugelassen wird. Wenn dennoch von Eltern und Vormundschaft Knaben vor dem vorgeschriebenen Alter diesem Orden übergeben werden oder Knaben sich aus freien Stücken einem Hause anschließen, so sollen sie gewissenhaft erzogen werden.
Mit dem vorgeschriebenen Alter können sie zur Profess zugelassen werden, falls es den Knaben ratsam erscheint und die Brüder es beschließen.
R 31: Die Aufnahme von dienenden Frauen
Wir gebieten, dass Frauen zur vollen Gemeinschaft dieses Ordens nicht zugelassen werden, da es häufig geschieht, dass der mannhafte Geist durch die Reize der Frauen erweicht wird.
Da manche Dienste an den Kranken und dem Vieh besser durch Frauen getan werden, sei es erlaubt, Frauen als Mitschwestern zu solchen Diensten aufzunehmen, doch nur mit der Erlaubnis des Landkomturs. Für solche Mitschwestern ist außerhalb des Hauses der Brüder ein Gebäude zu errichten. Wenn wohl auch der Ordensbruder, der mit Frauen zusammenwohnt, die Reinheit bewahren mag, so ist sie dennoch nicht geschützt, und das Ärgernis wird nicht lange ausbleiben.
R 32: Die Aufnahme von Hausgenossen
Damit dieser Orden auch mehreren nütze, gewähren wir, dass verheiratete und ledige Weltleute als Hausgenossen in diesen Orden aufgenommen werden können. Diese Halbbrüder sind mit Leib und Gut dem Befehl der Brüder unterworfen. Ihr Leben sei ehrenhaft, wie es sich ziemt. Sie sollen nicht nur öffentliche Schuld vermeiden, sondern auch unerlaubte Gewinne und Geschäfte. Sie haben geistliche Kleider zu tragen, aber nicht mit dem ganzen Kreuz. Stirbt einer der Eheleute, so fällt die Hälfte seines Gutes an den Orden; der Überlebende hat dann für den Rest seines Lebens seinen Unterhalt. Nach seinem Tode fällt das ganze Gut dem Hause zu. Gewinne nach der Aufnahme fallen ans Haus. Dem freien Willen und dem Entscheid des Komturs sei es überlassen, unter anderen Bedingungen in den Orden aufzunehmen, wenn er es für vorteilhaft ansieht.
R 33: Die Aufnahme von Brüdern, die aus Liebe oder um Sold dienen
Die Art der Aufnahme jener, die aus Liebe oder um Sold dienen wollen, sei dem Entscheid dessen überlassen, dem das Amt für die Zeit und den Ort übertragen ist, da ja die einzelnen Arten schwer zu unterscheiden sind. Kein Bruder darf es wagen, einen dieser Dienenden zu schlagen, außer dem Komtur, der seine Untergebenen bisweilen um der Besserung willen in der gewohnten Weise züchtigen darf. Wenn ein Krieger fällt, der sich mit seinen Waffen den Brüdern aus Liebe verbunden hat, so sollen die anwesenden Brüder dreißig Vaterunser für ihn beten. Die Speise, die man sonst einem Bruder gibt, reiche man für die Seele des Toten an sieben Tagen den Armen.
R 34: Von der Sorge des Meisters um die Brüder
In der Bundeslade waren der Stab und das himmlische Manna hinterlegt als Weisung, dass die Führer zwei Eigenschaften haben sollten: liebenswürdige, beratende Großherzigkeit und gerechte, strenge Zucht. Darum soll auch der Meister, der allen vorzustehen hat und sich selbst allen Brüdern als ein Vorbild in den guten Werken darstellen muss, die Unruhigen strafen, sich der Kranken annehmen, die Kleinmütigen trösten und ihnen geduldig entgegenkommen, um so in der Hand zugleich die Rute und den Stab zu tragen nach des Propheten Wort; die wachsame Rute, damit er selbst Wache sei über seine Herde zur Nachtzeit, den tödlichen Schlaf der Trägheit und die Versäumnis der heiligen Regel und allen Ungehorsam züchtige mit dem Eifer der Gerechtigkeit; – den Stab aber: dieser soll sein die väterliche Sorge und Güte, mit der er der Gebrechlichkeit zu Hilfe kommen soll und diejenigen stärken, die schwachen Mutes sind und von Traurigkeit gebrochen, auf dass sie nicht in Verzweiflung und ungetröstet zugrunde gehen.
R 35: Die gegenseitige Ermahnung und Anklage
Wenn ein Bruder eines anderem heimliche Schuld bemerkt, so bewege er ihn brüderlich und in Frieden zur Reue und Beichte. Hat er sich aber öffentlich gegen sein Heil und die Ehre des Hauses verfehlt, so unterlasse er es nicht ihn zu mahnen, dass er sein Vergehen demütig dem Meister und den Brüdern bekenne. Folgt er dieser Mahnung nicht und wird er durch mehrere Zeugen vor dem Meister überführt, so soll er sich ganz der härtesten Buße unterwerfen.
R 36: Die Buße der Brüder
Wenn ein Bruder in anderer Weise durch Wort oder Werk leicht gefehlt hat, so soll er freiwillig seine Schuld bekennen und Genugtuung leisten. Wird die leichte Schuld nicht zur Gewohnheit, so mag sie eine leichte Buße finden. Will einer seine Schuld verbergen und entdeckt sie dennoch ein anderer, so soll die Schuld um so schwerer gebüßt werden. Ist das Vergehen schwerer, so wird der Schuldige von der Gemeinschaft der Brüder getrennt und darf nicht am selben Tisch sitzen, sondern muss gesondert essen. Er muss sich dem Willen und der Anordnung des Meisters und der Brüder ganz unterwerfen, damit er am Tage des Gerichts gerettet werde.
R 37: Die Unveränderlichkeit und Festigkeit der Regel
Der Meister hat die Gewalt, nach reiflicher Überlegung von den vorher angeordneten Gesetzen zu befreien, entsprechend der Zeit, den Gebieten, den Personen, nach der Notwendigkeit und dem Nutzen der Geschäfte.
Doch über die drei Gelübde hat auch der Meister keine Macht.